Mittwoch, 29. Januar 2014

Lernen im Schlaf

Schlafmützen lernen besser!

Schlaf fördert das Gedächtnis
(Foto: Alexandra H./pixelio.de)

Allgemein bekannt war bislang, dass Schlafen unser Gedächtnis unter­stützt. Daher hat man durchaus einen merkbaren Erfolg, wenn man kurz vor dem Zu-Bett-Gehen Lern­inhalte wie etwa ein Gedicht wiederholt.

Experimente

Experimente der Universität Tübingen zeigten jedoch, dass nicht alle Gedächtnisinhalte im Schlaf in den Langzeitspeicher übertragen werden. Während des Tages werden im Hippocampus zunächst die meisten Informationen (Lerninhalte und Erlebnisse) gesammelt. Erst im Tiefschlaf entscheidet dann unser Gehirn, welche Inhalte in den Langzeitspeicher kommen und welche nicht. Die Aufgabe des Langzeitspeichers übernimmt dabei der Neocortex. Das ist zu 90% der stammesgeschichtlich jüngste Teil unserer Großhirnrinde.

Für die Übertragung der im Zwischenspeicher abgelegten Informationen muss unser Gehirn vorübergehend stillgelegt werden. Im Wachzustand würde es zu Verwirrungen kommen. Man geht davon aus, dass wir dann halluzinieren. Diesen Übertragungsprozess kann man ausschließlich in der Phase des Tiefschlafs beobachten und hat daher nichts mit dem Phänomen des Träumens zu tun. Unsere Träume entstehen in der REM-Phase.

Emotionen und Belohnung sind entscheidend

Welche Informationen vom Zwischenspeicher (Hippocampus) in den Langzeitspeicher (Neocortex) während des Tiefschlafs übertragen werden, hängt zum Großteil davon ab, welche Emotionen daran beteiligt sind. Informationen, die mit Wut, Angst oder Lust verknüpft sind werden bevorzugt übernommen. Außerdem konnte man feststellen, dass eine Aussicht auf Belohnung besonders effektiv ist, wenn Gedächtnisinhalte im Schlaf verfestigt werden sollen.

Dies konnte Prof. Born und sein Team der Universität Tübingen mit einem Versuch nachweisen: Ähnlich wie beim Klavierspielen sollten Versuchspersonen zwei Fingerabläufe (Sequenz 1 und Sequenz 2) einüben. Außerdem versprach man den Probanden, dass sie viel Geld bekommen, wenn sie Sequenz 1 besonders gut können. Am nächsten Morgen nahm man das Versprechen wieder zurück, damit die Testpersonen sich nicht bei Sequenz 1 mehr anstrengten als bei der Sequenz 2. Am Ende konnten sie Sequenz 1 besser als Sequenz 2. Das heißt nicht generell, dass man mit Geld und Geschenken gute Schulnoten belohnen sollte. Lob und Anerkennung funktionieren als Belohnung genauso gut.

Lösen von Problemen

Der Schlaf hat zusätzlich noch positive Effekte beim Lösen von Problemen. Wenn man sich mit einer schwierigen Aufgabe tagsüber beschäftigt und zu keiner Lösung kommt, kann es sein, dass man am nächsten Tag kurz vor der Lösung des Problems steht. Im Schlaf werden nämlich Teile des Problems vom Hippocampus in den Neocortex übertragen. Dort verbindet sich dann das Problem mit bereits abgelegten Informationen. Dies bietet uns dann eine neue Perspektive des Problems. Man kann sagen, dass der Schlaf unsere Gedanken neu strukturiert.

Fazit

  • Verbinden Sie Lerninhalte mit Emotionen (Emotionen sind der Merkturbo).
  • Wiederholen Sie kurz vor dem Schlafen das Gelernte oder Ihr Problem.
  • Sorgen Sie für ausreichend Schlaf.
  • Lassen sie sich belohnen, oder belohnen sie sich selbst.

Quelle: Spiegel Online: "Wie man Schlaf gezielt einsetzen kann"

Dieser Artikel wurde von Helmut Lange veröffentlicht und ist unter http://www.langewissen.de/lernen-im-schlaf_273.html abrufbar.

Montag, 20. Januar 2014

Lesen ist für das Gehirn anregender als gedacht

Studie: Lesen von Romanen für das Gehirn anregender als bisher gedacht

Sich beim Lesen in den Erzähler hinein
versetzen (Foto: HappyNeuron.de)

Atlanta, Gorgia, USA (09.12.2013) Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie kommen nach einem Arbeitstag nach Hause und machen es sich mit einem neuen Buch auf dem Sofa bequem – und vergessen so Ihre Alltagssorgen. Schon nach wenigen Sekunden sind Sie mittendrin in der Geschichte, stellen sich die Kulisse und die Situationen vor. Während Sie lesen, schlüpfen Sie in die Rolle einer anderen Person, und zwar in die des Erzählers.

Sich in jemanden hineinversetzen

Der Ausdruck "sich in jemanden hineinversetzen", der nicht selten im Zusammenhang mit dem Lesen von Romanen fällt, ist möglicherweise wörtlicher zu nehmen, als bisher gedacht. Laut einer Studie unter der Leitung von Professor Berns (Center for Neuropolicy, Emory University) hält die durch das Lesen hervorgerufene Aktivierung des Gehirns mehrere Tage an, auch wenn man schon längst mit dem Lesen aufgehört hat.

Das Experiment

Um dieses Phänomen zu untersuchen, wurde bei zwölf Studenten über einen Zeitraum von 19 Tagen jeden Morgen eine Computertomografie (CT) durchgeführt. Nach einem Kontrollzeitraum von fünf Tagen wurden die Studenten aufgefordert, an den nächsten neun Abenden jeweils 30 Seiten des Romans "Pompeji" von Robert Harris zu lesen.

Die an den darauffolgenden Tagen morgens durchgeführten CT-Scans zeigten eine Aktivierung des linken temporalen Cortex und eine Aktivierung der Zentralfurche. Die Zentralfurche ist der Bereich des primären sensomotorischen Cortex, der für die Erzeugung körperlicher Empfindungen zuständig ist.

Man rennt noch Tage später

Wenn Sie sich beispielsweise vorstellen zu rennen, werden dieselben Neuronen aktiviert, die auch beim tatsächlichen Bewegungsablauf des Rennens aktiviert werden, obwohl der Körper dabei vollständig bewegungslos bleibt. Diese Auswirkungen hielten bis zur nächsten Lektüre am Abend an. Erstaunlicherweise konnte dieser Effekt auch noch an den letzten fünf Tagen des Experiments nachgewiesen werden, obwohl die Studenten zu diesem Zeitpunkt abends nicht mehr gelesen hatten.

Da der für das Experiment verwendete Roman nicht von den Probanden ausgewählt wurde, kommt Professor Berns zu der Schlussfolgerung, dass das Lesen von Romanen, für die wir uns begeistern, signifikante und dauerhafte Auswirkungen auf unser Gehirn haben könnte.

Quelle: Berns et al. (2013). Short- and Long-Term Effects of a Novel on Connectivity in the Brain. Brain Connectivity, 2013, 3(6): 590-600, doi:10.1089/brain.2013.0166.
PDF "Article Short- and Long-Term Effects of a Novel on Connectivity in the Brain"

Montag, 13. Januar 2014

Fit durch Gedächtnistraining (ZIB)

Beitrag zum Gedächtnistraining (ZIB vom 13.01.2014)

Gedächtnistraining-Beitrag: Durch Training fit
(Foto: ORF.at)

Baltimore/USA, Wien (01.27.2014, ZIB) Wer fit bleiben will, muss trainieren - das gilt auch für das Gehirn. Wobei geistiges Training auch langfristig wirkt, wie US-Wissenschafer jetzt heraus­gefunden haben. Wenige Wochen intensives Gehirn-Jogging sind noch nach zehn Jahren messbar.

Studie an Senioren

Fast 3000 Probanden in den USA haben an der Studie teilgenommen. Durchschnitts­alter 74 Jahre, alle geistig gesund. Sie unterzogen sich einem mehr­wöchigen Gehirn­training in zwölf Lektionen zu je einer Stunde. Trainiert wurden Gedächtnis, Denkfähigkeit und rasches Kombinieren.

Gedächtnistraining wirkt langfristig

Nach Abschluss dieses Trainings wurden die Versuchs­personen über Jahre beobachtet. Die Gedächtnis­leistung hat zwar innerhalb von fünf Jahren nach dem Training wieder nachgelassen, aber die Denk­fähigkeit und die Verarbeitungs­geschwindigkeit des Gehirns waren auch nach zehn Jahren noch messbar besser.

Eine Sensation für die Wissenschafter der John Hopkins Universität in Baltimore. Es beweist, wie nachhaltig geistige Anstrengung im hohen Alter Demenz entgegen wirkt.

Resultate durch österreichische Mediziner bestätigt

Zu ganz ähnlichen Ergebnissen sind vor einiger Zeit Mediziner des Wiener Donauspitals gekommen. Sie beobachteten 600 Alzheimer-Patienten über zehn Jahre, wobei geistig besonders aktive Personen in Tests dauerhaft gut abschnitten und die Demenz deutlich verzögern konnten.

Video: Gedächtnistraining-Beitrag aus der ZIB vom 13.01.2014

Transkript des ZIB-Beitrags zum Thema Gedächtnistraining


Dieser Artikel wurde vom ORF veröffentlicht und war einige Tage unter http://tvthek.orf.at/program/Zeit-im-Bild/1203/Zeit-im-Bild/7348387/Gedaechtnistraining/7348629 abrufbar.

Freitag, 10. Januar 2014

Gut für das Gehirn: Fotografieren und Nähen

Intellektuell stimulierende Aktivitäten verbessern die Gehirnfunktionen

Gut für das Gehirn: Fotografieren und Nähen
(Foto: Corbis)

Sich neuen mentalen Herausforderungen zu stellen, wirkt sich positiv auf die Gehirnfunktionen bei über 60-Jährigen aus. Zu diesem Ergebnis kamen die Forscher um die Neurowissenschaftlerin Dr. Denise Park der University of Dallas in Texas, deren Studie in der Fachzeitschrift "Psychological Science" veröffentlicht wurde.

Studie

Die Studie wurde im Rahmen des Projekts "Synapse" durchgeführt und hatte zum Ziel, die Auswirkungen verschiedener Bedingungen auf die kognitive Gesundheit von Personen im Alter zwischen 60 und 90 Jahren zu messen. Hierzu wurden die Studienteilnehmer in verschiedene Gruppen aufgeteilt.

Die drei ersten Gruppen beschäftigten sich mit kognitiv anspruchsvollen Aktivitäten: Eine der Gruppen widmete sich der Digitalfotografie, bei der (durch verbale Anweisungen) das Erinnerungsvermögen und die logische Denkfähigkeit bei der Verwendung der Geräte und einer entsprechenden Bildbearbeitungssoftware beansprucht werden. Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit computergestütztem Nähen. Bei dieser Aktivität werden das Bildgedächtnis (für das Gestalten der Motive) und das logische Denkvermögen (für die Verwendung der Nähmaschine) stimuliert.

Die Teilnehmer in zwei weiteren Gruppen verbrachten Zeit mit Aktivitäten, die nur eine geringe kognitive Leistung erfordern, wie z. B. Spielen, Museumsbesuche oder Musik hören. Die Aktivitäten wurden sowohl in der Gruppe als auch allein durchgeführt.

Ergebnisse

Lediglich bei den ersten drei Teilnehmergruppen wurde eine signifikante Leistungssteigerung des Arbeitsgedächtnisses festgestellt. Eine Verbesserung der Gehirnfunktionen bei den Personen, die Gruppenaktivitäten durchgeführt hatten, konnten die Forscher wie erwartet nicht feststellen. Die Forscher schließen daraus, dass nicht alle Aktivitäten gleich wirkungsvoll sind. Vielmehr sei es wichtig, sich mit Dingen zu beschäftigen, die neu und gleichzeitig intellektuell stimulierend sind.

Quelle: Park D. et al. (2013). The Impact of Sustained Engagement on Cognitive Function in Older Adults - The Synapse Project. Psychological Science, November 8, 2013, doi: 10.1177/0956797613499592
PDF "The Impact of Sustained Engagement on Cognitive Function in Older Adults: The Synapse Project"