Freitag, 14. Januar 2011

„Jetzt denkt mal an einen Dschungel“

Gedächtnistraining im Berufskolleg Brilon.
(Foto: Lena Siegel)

Brilon. (14.01.2011 17:29) — Es geht nicht nur um das Behalten einer Einkaufsliste: Gedächtnis­trainer Heribert Jäger aus Kärnten zeigt den 300 Schülern im Berufs­kolleg Brilon Eselsbrücken, Tricks und Techniken, wie sie sich auch uninter­essante Dinge merken können.

„Wer von euch hat denn noch nie etwas vergessen?“, fragt Jäger die in der Aula versammelten Schüler. Niemand meldet sich. „Jetzt denkt mal an einen Dschungel. Ein nettes grünes Tierchen schwimmt dort durch einen Fluss. Man hält die Hand ins Wasser und schwups ist die Pfote weg. Hätte dieser Mensch kein Gehirn, würde er es an einem anderen Tag genauso machen und hätte nichts gelernt“, versucht Jäger die Jugendlichen mit einer lustigen Geschichte aufzulockern.

„Lustige und spannende Dinge bleiben leichter im Köpfchen hängen. Ich werde Euch heute zeigen, wie Ihr auch etwas behaltet, von dem ich ausgehe, dass es Euch rein gar nicht interessiert“, sagt er schmunzelnd. Die Schüler lachen begeistert.

Er nennt ein Beispiel: „Kennt Ihr den Satz: Ein Zweibein sitzt auf einem Dreibein und isst ein Einbein. Da kommt ein Vierbein und nimmt dem Zweibein das Einbein weg. Dieses kniffelige Wortspiel ist bestimmt nicht leicht zu behalten.“ Einfache Bilder, die zu den Worten passen, erleichtern die Übung: „Versucht die Begriffe mit Bildern zu verknüpfen. Ein Einbein ist ein Hühnerbein, das Dreibein z.B. ein Barhocker, das Zweibein der Mensch und das Vierbein ein Hund. Wenn Ihr daran denkt, bleibt Euch der Satz im Gedächtnis.“ Das wirkt. Verblüfft lauschen die Jugendlichen einem Mitschüler, der das Wortspiel fehlerfrei aufsagt.

Einkaufsbummel

Doch Heribert Jäger geht noch weiter. Es sammelt mit den Schülern auf einem Blatt 20 Begriffe zu einem Einkaufsbummel in Brilon. „Nummer eins ist das Kuchenblech, zwei eine Unterhose, drei ein Radiergummi, vier Zigaretten fünf ein Kondom usw.“ Lautes Lachen in der Aula. „Dieses Wort kommt in jeder Schule vor“, fährt er vor. „Jetzt versuchen wir uns zu jedem Begriff eine Geschichte auszudenken. So könnt Ihr im Kopf ein Register mit 20 Bildern schaffen, die fix verankert sind. Fast wie mehrere Schubladen, in denen Geschichten stecken.“

Jäger macht es vor. Der eigene Körper wird zweckentfremdet. Er greift seinen Zeh und ruft: „Zu meinem Zeh gehört jetzt der erste Begriff, Kuchenblech. Wir schnallen das Kuchenblech auf die Zehen. Dann das Knie und der zweite Begriff Unterhose. Wir binden die Unterhose um das Knie. Das dritte Wort: Radiergummi und der Oberschenkel.“ Er berührt seinen Oberschenkel. „Mit einem Radiergummi können die Damen gut über die Strumpfhose am Oberschenkel kratzen.“ Zu den ersten zehn Begriffen erfindet er eine lustige Anekdote.

Neue Liste

„Man kann eine Liste auch doppelt belegen. Dann kann es aber passieren, dass man Wörter vertauscht“, so Jäger. Er empfiehlt daher, sich eine neue Liste zu bauen. „Für die anderen 10 Begriffe stellen wir uns ein Auto vor. Die Stoßstange, die Motorhaube oder das Lenkrad können mit einem Begriff in Verbindung gebracht werden. Zum Beispiel das zwölfte Wort, die Tasche. Ich stelle die Tasche auf der Motorhaube ab.“

Jäger blättert die Seite mit der Einkaufsliste um. „Jetzt wollen wir doch mal sehen, was Ihr behalten habt“, sagt er lächelnd und zeigt auf unterschiedliche Körperteile. Keine Sekunde vergeht, schon fällt der richtige Begriff.

So einfach kann also Gedächtnistraining sein. Die Schüler verlassen begeistert die Aula.


Dieser Artikel wurde von Der Westen (Autorin: Lena Siegel) veröffentlicht und ist unter www.derwesten.de/id4167550.html abrufbar.