Montag, 30. Mai 2011

Menschliche Hautzellen erstmals in Neuronen umgewandelt

Umweg über Stammzellen ist nicht erforderlich

Labormaus: Versuch mit Zellen gelungen
(Foto: aboutpixel.de/Rosita Sellmann)

Stanford (pte009/30.05.2011/11:05) - Wissenschaftler der Stanford University School of Medicine ist es laut eigenen Angaben gelungen, Hautzellen direkt in funktionierende Gehirnzellen zu verwandeln. Das Team um Marius Wernig manipulierte jenen Vorgang, durch den DNA in der Haut von Föten transkribiert wird. Ziel war es, Zellen zu schaffen, die sich wie Neuronen verhalten. Dieses Verfahren wurde zuvor bereits bei Mäusen angewandt, schreiben die Forscher in Nature. Eine Einsatzmöglichkeit wäre die neuro­logische Forschung. Es wäre denkbar, dass damit eines Tages Gehirnzellen für Transplantate hergestellt werden. Eine Schwierigkeit ist dabei die Herstellung der richtigen Art von Gehirnzellen.

Die Wissenschaftler nutzten genetisch modifizierte Viren, um vier verschiedene Transkriptionsfatoren in die Hauzellen von Föten einzubringen. Diese Faktoren spielen beim "Lesen" der DNA und beim Encoding der Proteine innerhalb der Zelle eine Rolle. Es zeigte sich, dass die Einführung dieser vier Faktoren dazu führte, dass sich ein kleiner Teil der Haut in Zellen verwandelte, die wie Neuronen funktionierten. Anderes als bei ähnlichen Ansätzen erforderte dieser Vorgang keine Umprogrammierung der Haut in Stammzellen, sondern ermöglichte die direkte Umwandlung.

Spezialisierte Zellen

Wernig erklärte gegenüber der BBC, dass es gelungen sei, menschliche Hautzellen direkt in Nervenzellen umzuwandeln, die nicht nur so aussehen wie Nervenzellen des Gehirnes, sondern sich auch so verhalten. Bisher sei nicht bekannt gewesen, ob es überhaupt möglich ist, eine spezialisierte Zelle dazu zu bringen, sich in eine andere Richtung zu entwickeln. Bisherige Versuche auf diesem Gebiet liegen viele Jahre zurück. Er geht jedoch davon aus, dass die aktuelle Studie die erste ist, bei der eine derart radikale Veränderung gelungen ist.

Derzeit besteht eine Anwendungsmöglichkeit in der Erstellung von Modellen von Krankheiten. Hautzellen von Patienten mit bekannten neurologischen Erkrankungen könnten genutzt werden, um neue Gehirnzellen für die Forschung herzustellen. "Es ist sehr schwer, in das Gehirn hineinzuschauen. Die Schädelknochen schützen das Gehirn sehr gut und daher ist es schwierig, bildliche Darstellungen zu bekommen. Auf der Ebene der Zellen sind Forschungen erst nach dem Tod des Patienten möglich. Zu diesem Zeitpunkt hat eine Krankheit meist schon ihr finales Stadium erreicht. Eine Erforschung der einzelnen Stadien ist dann nicht mehr möglich."

Jim Huettner von der Washington University School of Medicine hält diese Studienergebnisse laut BBC für überzeugend und wichtig. Ähnliche Ergebnisse seien bereits bei Mäusen erzielt worden. Beim Menschen hätten sich jedoch wie so oft subtile Unterschiede gezeigt. "Die aktuelle Studie bestätigt die Theorie, dass eine derartige Transition möglich ist und es sich nicht nur um einen Glücksfall bei einem Modell mit Mäusen handelt."


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Freitag, 27. Mai 2011

Dauerstress kann zu Alzheimer führen

Tierversuch zeigt Demenz-ähnlichen Gehirnverfall bei Stress

Folgen von Stress: Alzheimer-Anzeichen nehmen zu
(Bild: MPI für Psychiatrie)

München (pte024/27.05.2011/13:50) - Psychischer Stress ist einer der Faktoren, die zu Alzheimer führen können. Das berichten Forscher vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie im "Journal of Neuroscience". "Wer es schafft, hohen Dauerstress im Alltag zu reduzieren, ist besser vor Depression geschützt. Möglicherweise gilt das jedoch auch für langfristige Schäden wie etwa Alzheimer", betont Studienleiter Osborne Almeida im pressetext-Interview.

Alzheimer in Gang gesetzt

Die Forscher setzten Ratten einen Monat lang täglich in überbesetzte Käfige oder auf vibrierende Plattformen, was bei den Tieren Stress auslöste. Gleichzeitig beobachteten sie den Hippocampus - eine für Lern- und Gedächtnis zuständige Gehirnregion - sowie die präfrontalen Hirnrinde, die höhere geistige Fähigkeiten ermöglicht. Was sie hier vorfanden, entsprach den Alzheimer-Anfangsveränderungen: In beiden Regionen traten phosphorilierte Tau-Proteine auf. Tatsächlich konnte auch gezeigt werden, das die Tiere vergesslicher wurden.

Die Auslöser von Alzheimer sind bislang noch nicht bekannt, sieht man von den zehn Prozent erblich bedingten Fällen ab. Schon in einer früheren Studie hatten die Forscher gezeigt, dass Stresshormone auch die Bildung des Beta-Amyloid-Proteins beschleunigen. Dieser Hauptverdächtige für die Krankheit bildet ebenfalls toxische Ablagerungen in den Nervenzellen und führt somit zum Gedächtnisverlust. Nun wurde ein zweiter Mechanismus entdeckt, der zu Impulsen der Alzheimer-Entstehung betragen dürfte.

Entspannung wichtig

Viele ältere Menschen reagieren verstört, wenn sie erste kognitive Einbußen bei sich feststellen. Doch neben Alzheimer kann auch eine Depression Vedächtnisverlust auslösen. "Es wäre wichtig, schon im Frühstadium zu erkennen, ob es sich um Alzheimer handelt oder um eine Altersdepression. Denn eine Depression kann man relativ gut behandeln, Alzheimer jedoch bisher noch nicht", so Almeida. In jedem Fall wird sich eine Stresslinderung günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken, meint der Forscher.


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Mittwoch, 25. Mai 2011

Gehirndoping wird immer alltäglicher

Experten drängen auf Regelungen durch die Politik

Studentinnen: Gehirndoping bei Jüngeren
im Vormarsch (Foto: FlickrCC/McQuinn)

Bern (pte002/25.05.2011/06:10) - Der Gebrauch von Substanzen, die die Gehirnleistung verbessern sollen, nimmt ständig zu. Immer mehr Menschen setzen sich somit teils unbekannten Risiken aus. Den derzeitigen Stand des Gehirndopings in der Gesellschaft zeigt eine Studie des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS. Eine politische Diskussion zum Thema ist ausständig, fordern die Berichtsautoren. "Als Grundlage dafür brauchen wir eine systematische Erfassung, wie verbreitet Human Enhancement ist, von wem und warum es angewendet wird und welche Folgen es hat", betont Projektleiterin Anne Eckhardt im pressetext-Intereview.

Gehirnmittel für Gesunde

Unter dem Begriff "Human Enhancement" fasst man alle Verfahren zusammen, die Leistungen und Aussehen von Gesunden verbessern sollen. Während hier etwa Gendoping noch Zukunftsmusik ist, sieht Eckhardt bereits heute besonders bei den pharmakologischen Substanzen einen Boom. "Die Palette reicht vom leicht wirksamen Alltagsmittel Koffein über in Apotheken frei erhältliche Stressmedikamente bis hin zu verschreibungspflichtigen Mitteln wie Ritalin oder Modafinil oder illegalen Drogen."

Derzeit dopen rund fünf Prozent der Beschäftigten mit Medikamenten, ergab eine Umfrage der Deutschen Angestellten Krankenversicherung DAK unter 3.000 Berufstätigen. Am öftesten kommen in dieser Gruppe Substanzen gegen Angst, Nervosität und Unruhe zum Einsatz (44 Prozent), gefolgt von Pharmaka gegen depressive Verstimmungen (35 Prozent) und Medikamenten gegen Aufmerksamkeits-Störungen wie ADHS (13 Prozent). Die Anwender erhalten verschreibungspflichtige Medikamente teils von Ärzten verschrieben. Manche beziehen sie auch von Bekannten oder über den Internet-Handel.

Mehr Stress durch Mittel gegen Stress

Obwohl die Nachfrage von stark wirksamen wie auch von illegalen Substanzen somit noch kein Massenphänomen darstellt, ist die Entwicklung für Eckhardt besorgniserregend. "Besonders gibt die Tatsache zu denken, dass Enhancement offenbar weniger von erfolgreichen Menschen verwendet wird als von solchen, die Mühe haben, in der Leistungsgesellschaft mitzuhalten."

Nahe liege, dass wirksame Nervenmittel besonders bei Jüngeren in die Entwicklung des Gehirns eingreifen können - eventuell auch auf nachteilige Weise. "Es gibt kaum verlässliche Studien bei gesunden Versuchspersonen zu Nebenwirkungen, vor allem langfristigen Nebenwirkungen. Neben Risiken für die Anwender sind auch Risiken für die Gesellschaft erkennbar." Beispielsweise müsse das Gesundheitssystem letztendlich die Kosten für Nebenwirkungen des Enhancements tragen, zudem steige der Druck im Alltag für das gesamte Umfeld, sobald jemand durch Doping den Wettbewerb verzerrt. Im Radsport sei dies deutlich geworden.

Wirkung nicht erwiesen

Dabei sei gar nicht geklärt, ob die pharmakologischen Formen des Gehirndopings wirken und tatsächlich die intellektuelle Leistungen verbessern. "Wissenschaftliche Studien zeigen meistens nur eine geringe Wirksamkeit. Die Anwender dagegen geben in Befragungen oft an, dass die mit der Wirkung zufrieden sind. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen, darunter auch der Placebo-Effekt." Eine systematische Zulassung wäre sinnvoll, da man dadurch Substanzen ebenso auf ihre Sicherheit prüfen kann wie dies bisher im Heilmittelrecht bekannt ist, so die Expertin. "Häufig wäre es jedoch auch möglich, gesellschaftliche Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich die Einnahme derartiger Mittel erübrigt."


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Dienstag, 24. Mai 2011

Verschränkte Arme lindern Schmerzen

Änderung im Körperschema verwirrt Gehirn und macht es langsamer

Verschränkte Arme: Schmerz lässt nach
(Foto: FlickrCC/istolethetv)

München (pte002/24.05.2011/06:05) - Schmerzen in der Hand verspürt man weniger stark, wenn man die Arme verschränkt, als wenn man sie offen hat. Laut Forschern vom University College London verwirren verschränkte Arme das Gehirn und lenken es somit vom Schmerz ab. "Der Thalamus reagiert ver­blüffenderweise schon auf kleine Änderungen des Körperschemas", so der Kommentar von Thomas Tölle von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes gegenüber pressetext. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift "Pain" veröffentlicht.

Vertauschte Karten

Die englischen Forscher um Giandomenico Iannetti verabreichten Versuchspersonen per Laser einen vier Millisekunden dauernden Schmerz auf die Handfläche. Bei einem Testdurchgang sollten sie die Arme offen lassen, dann diese vor der Körpermitte verschränken. Stets war bei verschränkten Armen der Reiz weniger unangenehm, egal ob die Schmerzintensität per Fragebogen abgefragt oder durch ein EEG-Gerät im Gehirn gemessen wurde. "Vielleicht sollten wir Schmerz künftig nicht nur wegreiben, sondern auch die Arme verschränken", so Iannetti.

Für den rechten und den linken Bereich des Körpers besitzt unser Gehirn zwei Karten, so die Erklärung der Forscher, wobei jedem Bereich eine Hand zugeordnet wird. "Im Alltag verbinden sich beide Karten und können starke Impulse auslösen, um somit besser auf Reize zu reagieren. Verschränkt man die Arme, werden die Karten falsch verbunden und die Seitengleichheit funktioniert nicht mehr. Das bremst die Informationsverarbeitung und verringert das Schmerzgefühl", so Studienleiter Giandomenico Iannetti.

Auch langsames Atmen hilft

Aus neurologischer Sicht muss der nur kurzfristig beobachtete Effekt erst in ein Therapiekonzept eingebaut werden, um für Schmerzpatienten von Nutzen zu sein. "Veranschaulicht wurde dennoch, wie wichtig das Körpergefühl und deren Veränderungen sind. Im Konzept des Körperschemas wird dies mit dem Entspannen, Spüren und Wahrnehmungsschulung gezielt ins Zentrum gestellt", sagt Tölle.

Während das in der Studie beobachtete Konzept auf ergo- und physiotherapeutische Prinzipien abzielt, gibt es auch kognitive Tricks, die bei Schmerzen im Alltag ein wenig Linderung bringen können. So gilt auch das bewusst langsame Atmen als eine Methode für die kurzfristige Schmerzminderung (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100127120). "Auch Ablenken, Defokussieren und die Kombination des Schmerzreizes mit positiver Tönung können positive Effekte haben", ergänzt Tölle.


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Montag, 23. Mai 2011

Parkinson: Forscher identifizieren Erreger-Bakterium

Helicobacter pylori produziert Chemikalien, die im Gehirn Gift sind

Helicobacter pylori: Möglicherweise Schuld
an Parkinson (Foto: bioweb.uwlax.edu)

New Orleans (pte014/23.05.2011/12:45) - Wissenschaftler des Louisiana State University Health Sciences Center haben ein Bakterium identifiziert, dass im Verdacht steht, im Zusammenhang mit Parkinson zu stehen. Das Bakterium Helicobacter pylori ist auch für Magengeschwüre verantwortlich. Mit den Bakterien infizierte Mäuse entwickelten Parkinson-entsprechende Symptome. Die bei einer Tagung der American Society for Microbiology vorgestellten Studienergebnisse gehen davon aus, dass die Infektion eine entscheidende Rolle spielen könnte. Parkinson führt zu einer Beeinträchtigung des Gehirns, einer Verlangsamung der Bewegung und Zittern.

Mäuse mittleren Alters, entsprechend dem Lebensalter zwischen 55 und 65 Jahren beim Menschen, wurden vom Team um Traci Testerman infiziert. Sechs Monate später wiesen sie Symptome auf, die in etwa jenen von Parkinson entsprachen. Sie bewegten sich weniger und verfügten über niedrigere Dopaminwerte im Gehirn. Diese Veränderungen konnten bei jüngeren Tieren nicht nachgewiesen werden.

Entscheidende Rolle

Testerman erklärte, dass diese Forschungsergebnisse nahelegten, dass Infektionen mit H. pylori eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Parkinson beim Menschen spielen könnte. "Die Ergebnisse waren bei älteren Tieren viel drastischer als bei jungen. Die normale Alterung erhöht auch bei Mäusen das Risiko einer Erkrankung." Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Bakterien Chemikalien produzieren, die für das Gehirn giftig sind. H. pylori könne dem Körper Cholesterin entziehen und es durch Hinzufügung einer Zuckergruppe abbauen.

Diese neue Chemikalie ist laut Testerman fast identisch mit einer in Samen des Palmfarn, der nachweislich bei Menschen in Guam eine Parkinson-ähnliche Krankheit ausgelöst hat. Die Wissenschaftlerin erklärte gegenüber der BBC, das eine Vernichtung von H. pylori in einem späten Stadium von Parkinson kaum eine deutliche Besserung bringen würde. "Bestimmte Neuronen sterben vor dem Sichtbarwerden der ersten Symptome ab und dieser Prozess geht weiter. Diese Neuronen werden nicht nachwachsen."

Kieran Breen, Forschungsleiter von Parkinson's UK, bezeichnete die aktuelle Studie als interessant. Dennoch sollten die Ergebnisse mit Vorsicht beurteilt werden. Die Tests seien mit Mäusen durchgeführt worden, denen eine relativ große Menge der Bakterien verabreicht wurde. "Sie hatten in der Folge Schwierigkeiten sich zu bewegen. Wir wissen jedoch nicht, ob das Absterben von Nervenzellen wirklich dafür verantwortlich war. Weitere Untersuchungen müssen durchgeführt werden."


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Montag, 16. Mai 2011

Menschliches Gehirn lernt durch feine Details

Nicht viel sondern detailreiches Wissen macht Menschen zu Experten

Wein: Feine Details machen zum Experten
(Foto: aboutpixel.de/Gerd Gropp)

Berlin (pte004/16.05.2011/06:15) - Experte auf einem Gebiet wird man nicht etwa durch die Verarbeitung von immer mehr Wissen, sondern durch die Fähigkeit, Feinheiten zu unterscheiden. Das haben Wissenschaftler der Charité - Universitätsmedizin Berlin, des Bernstein Zentrums Berlin, des Exzellenzclusters NeuroCure und der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg ermittelt. Sie konnten auch orten, welche Gehirnregionen aktiv sind, wenn man seine Wahrnehmung schult.

Warum erkennen Weinkenner beim ersten Schluck die Eigenschaften einer Traube? Wie können Künstler auch winzige Farbabweichungen erkennen? Und warum können Blinde feinste Oberflächenstrukturen erfühlen? "Lange Zeit hat man gedacht, dass bestimmte Menschen mehr Informationen aufnehmen können - jetzt weiß man: Es kommt offensichtlich auf die Verarbeitung an", sagt Johannes Faber, Sprecher des Bernstein Zentrums Berlin in einem Gespräch mit pressetext.

Lernvorgang findet auf Wahrnehmungsebene statt

Die Forscher haben am Beispiel visueller Reize untersucht, wie sich die Hirnaktivität im Laufe eines Lernprozesses verändert. Dafür maßen sie Änderungen der Nervenzellaktivität im Gehirn mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie. "Die große Frage war: Kann der Experte mehr Informationen herausziehen und verarbeiten? Oder verarbeitet er die Information bessern?", erklärt Faber.

"Die fMRT-Messungen zeigten deutlich, dass die Aktivität im Sehzentrum während des gesamten Lernvorgangs gleich blieb", erklärte John-Dylan Haynes, Leiter der Studie. Eine Region im präfrontalen Kortex, wo anspruchsvollere Aufgaben verarbeitet werden, wurde stetig aktiver. Daraus schlossen die Forscher, dass der Lernvorgang auf der Ebene der Entscheidungsfindung stattfindet.

"Wenn sich unsere Wahrnehmung beim Lernen schärft, dann liegt dies nicht so sehr daran, dass mehr Information das Gehirn erreicht", folgerte Professor Haynes. Stattdessen lernen Menschen, mit der gegebenen Information immer mehr anzufangen. Menschen sehen nach und nach in Bildern Details, die uns zu Beginn nicht bewusst sind. "Wie schnell die Details wahrgenommen werden, ist von Mensch zu Mensch und von Aufgabe zu Aufgabe unterschiedlich", sagt Faber.


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Mittwoch, 4. Mai 2011

Medien-Multitasking funktioniert nicht

Laufender Fernseher macht Konzentration auf Computer zunichte

Auge: Zwei Bildschirme sind um einer zuviel
(Foto: pixelio.de/Bthomas)

Chestnut Hill/Wien (pte020/04.05.2011/13:55) - Wer Computer und Fernseher nebeneinander laufen hat, kann seine Aufmerksamkeit nicht auf beide Informationsquellen zugleich richten - so sehr er dies auch selbst glaubt. Diesen häufigen Selbstbetrug haben US-Forscher aufgedeckt. In der Zeitschrift "Cyberpsychology, Behaviour and Social Networking" berichten sie, dass ein paralleles Zweitmedium immer in bedenklichem Ausmaß ablenkt, ohne dass man sich dessen bewusst wird. "Die Ära der Mono-Medien­umgebung ist vorbei. Das ständige Medien-Multitasking stellt heute die Effizienz und Produktivität in Frage", so Studienleiter Adam Brasel vom Boston College.

Verhängnisvoller Seitenblick

Erhoben wurde das durch einen Test mit 42 Erwachsenen, die in einem Raum mit Fernseher und Computer saßen und 27 Minuten lang Zeit hatten, nach freiem Ermessen beide Medien zu nutzen. Eine Kamera filmte die Augenbewegungen und machte dabei Störungen der Aufmerksamkeit sichtbar, besonders wenn die Versuchspersonen zwischen den beiden Medien wechselten.

Zwar blickten die Probanden zwei Drittel der Zeit auf den Computer, doch nicht, ohne den Fernseher aus den Augen zu lassen. Im Schnitt alle 14 Sekunden wechselten die Augen zwischen den Bildschirmen, meist für Seitenblicke von zwei Sekunden oder weniger. Kaum jemals konzentrierten sie sich länger als eine Minute auf einen der beiden Bildschirme - was beim Computer nur in 7,5 Prozent der Fälle, beim Fernseher gar nur bei 2,9 Prozent vorkam.

Ausgetrickstes Bewusstsein

"Schockiert" waren die Forscher jedoch vor allem davon, dass der häufige Wechsel fast ausschließlich unbewusst verlief. Ließ man die Probanden schätzen, wie oft ihr Blick gewandert war, so tippten sie auf 15 Mal. Tatsächlich waren es im Schnitt jedoch 120 Mal bzw. 70 Mal, wenn kürzere Blickwechsel unter 1,5 Sekunden außer Acht blieben. Falsche Selbstwahrnehmung war dabei sowohl die Annahme der TV-Seher, sie würden nur in Werbepausen auf den Computer blicken, als auch jene der Computernutzer, dass sie nur lange Ladezeiten von Webseiten für TV-Blicke nützen würden.

Früher als Tugend gepriesen, werden heute immer mehr Schattenseiten des Multitaskings bekannt, das infolge der zunehmenden Medienvielfalt zum Dauer-Thema geworden ist. Hirnforscher haben gezeigt, dass spätestens bei zwei gleichzeitigen Aufgaben die Verarbeitungsgrenze des Gehirns bereits voll ausgeschöpft ist (pressetext berichtete: http://search.pressetext.com/news/20100416006/). Wer sich nur auf eine Aufgabe konzentriert, schneidet in bestimmten Tests um bis zu 20 Prozent besser ab als Multitasker.

Zu viele Reize

"Manchen Menschen gelingt Multitasking sehr gut, was im Beruf als positiv gesehen wird. Über längeren Zeitraum kostet es jedoch an Substanz, dass das Gehirn dabei stets auf Hochtouren läuft. Wer sich angesichts der zunehmenden Reizüberflutung nicht genügend abgrenzen kann, gerät in letzter Folge sogar in Gefahr des Burnouts", erklärt Beate Handler, Psychologin und Autorin des Goldegg-Buches "Wie der Mensch denkt", auf pressetext-Anfrage. Schamlos ausgenutzt werde die Multitasking-Eignung vor allem bei der Fernsehwerbung. "Sie heischt ständig um die Aufmerksamkeit des Konsumenten - und wenn es nur für wenige Sekunden ist", so die Expertin.

Originalstudie unter http://www.liebertonline.com/doi/abs/10.1089/cyber.2010.0350


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Montag, 2. Mai 2011

Gehirn merkt sich Berührungen genau

Menschen können die Erinnerung an Berührungen im Gedächtnis abrufen

Frau: Gehirn speichert Berührungen genau ab
(Foto: aboutpixel.de/Patricia)

Berlin (pte022/12.05.2011/13:25) - Sobald eine Berührung aufmerksam registriert wurde, wird sie in dem sogenannten Arbeitsgedächtnis abgespeichert. Neurowissenschaftlern der Charité Universitäts­medizin Berlin konnten ein Signal im Hirn von Probanden nachweisen, sobald sie sich an eine Berührung erinnern konnten. Die Wissenschaftler der Abteilung für Neurologie und dem Bernstein Center for Computational Neuroscience an der Charité prüften, in welcher Form Berührungsempfindungen im Arbeitsgedächtnis abrufbar sind.

Das Arbeitsgedächtnis ist Teil des menschlichen Erinnerungsvermögens. "Vergleicht man das Gehirn des Menschen mit einem Computer entspricht das Arbeitsgedächtnis dem Arbeitsspeicher", sagt der Mediziner Bernhard Spitzer gegenüber pressetext. Das Arbeitsgedächtnis speichert vorübergehende Informationen, die uns helfen die gegenwärtige umgebende Umwelt zu verstehen. In dem vorliegenden Test wurde den Versuchspersonen über Stimulationsgeräte, Vibrationen mit zwei unterschiedlichen Frequenzen auf den Zeigefinger übertragen.

Vom Fühlzentrum zum Frontlappen

Diese Art von Stimulationsgeräten wird auch für das Lesen von Blindenschrift verwendet. Danach sollten sie die beiden Frequenzen mit einer folgenden Testfrequenz vergleichen. Zunächst zeigte sich im "Fühlzentrums", wo die Informationen der Tastsinnesorgane zuerst hingeleitet werden, eine systematische Veränderung der Hirnaktivität - nur durch die Erinnerung an die Berührung.

Die Erinnerung an unterschiedliche Berührungen wird nicht mehr im "Fühlzentrum" des Gehirns abgerufen, sondern im sogenannten Frontallappen. Für die weitere Grundlagenforschung ist es bedeutend, dass die Wissenschaftler, die Erinnerung an eine Berührung im Frontlappen sichtbar machen konnten. Künftig werden die Forscher prüfen, ob auch andere Reize - visuelle etwa - auch im Frontlappenbereich messbar sind.


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