Montag, 11. März 2013

Lernen: Gehirnstimulation hat nicht nur Vorteile

Schnellere Verarbeitung - TES beeinträchtigt automatische Fähigkeiten

Lernen: Gehirn hat trotz Hightech seine Grenzen
(Foto: pixelio.de, luise)

Oxford (pte019/11.03.2013/13:55) - Das Stimulieren des Gehirns mit elektrischen Signalen kann einige Fähigkeiten verbessern, aber auch andere reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommt die University of Oxford. Die Transkranielle Elektrische Stimulation (TES) erfolgt durch das Anbringen von Elektroden auf der Kopf­oberfläche. Nachgewiesen ist, dass sie die Lern­geschwindig­keit verdoppeln kann. Das Team um Roi Cohen Kadosh hat jetzt nachgewiesen, dass auch Nachteile entstehen können. Details wurden im Journal of Neuroscience veröffentlicht.

Zuordnen von Symbolen

Die Wissenschaftler zeigten den Probanden Paare unbekannter Symbole. Jedes Symbol verfügte über einen geheimen numerischen Wert. Die Aufgabe bestand darin, so rasch wie möglich ohne Fehler anzugeben, welches der beiden Symbole den höheren Wert besaß. Anschließend wurde die richtige Antwort angezeigt. Innerhalb von sechs Sitzungen in einer Woche war es möglich festzustellen, wie rasch und effizient die Teilnehmer den Wert jedes einzelnen Symbols gelernt hatten.

Für eine zweite Aufgabe mussten die Teilnehmer feststellen, welches der beiden Symbole größer war. Bei diesem Test wurde auf das automatische Denken abgezielt - Fähigkeiten wie Lesen, Autofahren oder Treppensteigen, die laut Cohen Kadosh vorhanden sind, ohne dass daran gedacht werden muss. Der Wissenschaftler führte die Experimente gemeinsam mit Teresa Iucalano vom Stanford Cognitive and Systems Neuroscience Laboratory durch.

Gehirn reagiert unterschiedlich

Während des Tests wurde bei einem Teil der Teilnehmer der hintere Parietallappen mittels TES stimuliert, der für das numerische Lernen von entscheidender Bedeutung ist. Bei einer anderen Gruppe wurde der dorsolaterale präfrontale Kortex stimuliert, der entscheidend für den Automatismus ist. Eine Gruppe erhielt ohne ihr Wissen eine Scheinbehandlung. Jene, deren hinterer Parietallappen behandelt worden war, schnitten bei der Lernaufgabe besser ab. Sie waren es aber auch, die bei der Automatismus-Aufgabe am schlechtesten abschnitten.

Genau das Gegenteil passierte bei der Gruppe, deren dorsolateraler präfrontaler Kortex stimuliert worden war. Die Kontrollgruppe schnitt bei beiden Aufgaben durchschnittlich ab. Laut Kadosh ist damit nachgewiesen, dass TES auch ihren Preis haben kann. Der Forscher arbeitet an einer Lösung dieses Problems. Denkbar ist zum Beispiel die Stimulation beider Gehirnregionen zu verschiedenen Zeitpunkten. "Wenn es Nebenwirkungen gibt, müssen wir die Stimulation optimieren, um die Nebenwirkungen einzuschränken oder zu beseitigen."


Dieser Artikel wurde von pressetext.austria veröffentlicht und ist unter http://www.pressetext.com/news/20130311019 abrufbar.

Freitag, 8. März 2013

Gehirn-Vorbild verspricht bessere Hörgeräte

Neue Algorithmen sollen Tricks des menschlichen Hörens nachahmen

Hörgerät: Forscher verbessern Leistung erheblich
(Foto: Hans Snoek, pixelio.de)

Southampton (pte003/08.03.2013/06:10) - Forscher in Groß­britannien wollen Hörgeräte ermöglichen, die Sprache besser von Umgebungslärm unterscheiden und somit gezielt hervorheben können. Dazu sollen neue Algorithmen das Hören im menschlichen Gehirn nachahmen. "Wir wollen endlich den Durchbruch schaffen zu verstehen, wie Neuronen im Hirnstamm die Signale - Sprache und Geräusch - abbilden und trennen", erklärt Stefan Bleeck vom Institute of Sound and Vibration Research an der University of Southampton gegenüber pressetext. Denn das Prinzip mit Algorithmen nachzubilden könnte viel mehr bringen als heutige Ansätze.

Hörgeräte brauchen Hilfe

Klassische Hörgeräte sind für Träger oft nur mäßig nützlich, da sie jedes Geräusch gleich verstärken und so beispielsweise das Verstehen von Sprache schwer machen. Inzwischen gibt es zwar technologische Ansätze, die Abhilfe schaffen sollen, doch sie können das nur bedingt. "Die beste Möglichkeit, das Signal-Rausch-Verhältnis zu verbessern, sind Richtungsmikrofone", sagt Bleeck. Denn sie bringen bis zu 15 Dezibel Gewinn an Lautstärke. Doch verstärken sie eigentlich nicht nur die Sprache. "Der große Effekt kommt davon, dass der Träger den Kopf zur Quelle hindrehen kann", betont der Forscher.

Andere Premium-Features von Hörgeräten wie beispielsweise digitale Rauschunterdrückung wiederum haben Bleeck zufolge das Problem, dass die Anwender oft nicht wissen, wie sie diese überhaupt aktivieren oder optimal einstellen. Außerdem verbessern sie die Sprachqualität, aber nicht deren eigentliche Erkennung. "Das ist natürlich wichtig und dient einem höheren Komfort, aber Sprache ist nicht wirklich leichter zu verstehen", meint der Experte. Genau hier soll der neue Ansatz einen wesentlichen Vorteil bringen, weil er wirklich gesprochenes Wort und Umgebungsgeräusch trennt - wie das Gehirn, wenn es Lärm praktisch ausblendet.

Neuronen als Vorbild

Das Team, dem auch Forscher der Universität Cambridge angehören, nehmen an, dass das Gehirn beim Hören eine Form des "Sparse Coding" nutzt, bei dem relativ wenige Neuronen stark aktiv sind, um Signal - also relevante Klänge wie Sprache - und Rauschen zu trennen. Sie wollen den genauen Mechanismus in einzelnen Neuronen erforschen, um dann neue Algorithmen für die Signalverarbeitung zu entwickeln, die Sprache und Umgebungsgeräusche komplett trennen. "Dann können wir den Ton in Hörgeräten neu mischen, mit reduziertem Rauschen, aber intakter Qualität, um die Verständlichkeit der Sprache zu verbessern", hofft Bleeck.

Noch ist es aber zu früh, die möglichen Verbesserungen durch den Ansatz zu quantifizieren. Das Team hat aktuell eine Finanzierung vom Engineering and Physical Sciences Research Council erhalten, die erst wirkliche Detailarbeit erlaubt. "Wir haben dabei zum ersten Mal eine sehr enge Verknüpfung von Neurowissenschaften und Signalverarbeitung", betont der Forscher. Wenn alles gut geht, soll der Ansatz aber innerhalb von fünf Jahren in Hörgeräten zum Einsatz kommen. Interesse seitens Geräteherstellern besteht jedenfalls, Siemens ist ein Partner bei dem Projekt.


Dieser Artikel wurde von pressetext.austria veröffentlicht und ist unter http://www.pressetext.com/news/20130308003 abrufbar.

Sonntag, 3. März 2013

Wacher, klüger, kreativer:
Forscher tunen das Gehirn – Höchstleistungen sind möglich

Gehirndoping funktioniert – ganz ohne Drogen. Durch schwache elektrische Reizungen kann das Denkorgan zu Höchstleistungen angeregt werden. Mögliche Nebenwirkungen müssen noch erforscht werden.

Schneller denken mithilfe von neuer wisssenschaftlicher Methoden
(Foto: Focus.de/Colourbox)

Forschern ist es gelungen, ohne Operation ins menschliche Gehirn einzugreifen und dabei dessen Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei fließt kein Tropfen Blut: Bei den sogenannten nichtinvasiven Methoden, an denen die Forscher gerade arbeiten, bleibt die Schädeldecke intakt.

Der neue FOCUS befasst sich mit der Optimierung des Gehirns. In der Titelgeschichte geht es um die Frage, wie wir klarer denken und mehr leisten können.

Steigerung von Denk- und Lernleistungen

So haben Wissenschaftler durch gezielte Eingriffe in die Hirnaktivität Patienten geholfen, bei denen andere Therapien versagt haben. Sensationelle Ergebnisse erzielen die Forscher derzeit mit der transkranialen Gleichstromstimulation, bei der schwache Stromstöße bestimmte Gehirnareale anregen. In ersten Studien konnten Mediziner mit den Verfahren psychisch Kranken, darunter Patienten mit Depressionen und Epilepsie, helfen und den altersbedingten Abbau bestimmter Fähigkeiten bremsen. Andere Forscher testen das Verfahren bei Kindern mit Lernbehinderungen

Die einfache Methode scheint sich auch für die Steigerung von Denk- und Lernleistungen bei Gesunden zu eignen. Probanden unter Strom erbrachten bessere Leistungen beim Erlernen neuer Mathe- und Sprachinhalte und zeigten erhöhte Kreativität bei der Lösung schwieriger Rätsel.

Die Nebenwirkungen der Stromstimulation

Die von den Forschern angewandten Verfahren sind allerdings so einfach, dass sie zu Missbrauch verleiten. Ein Bericht des Weltwirtschaftsforums in Davos vom Anfang des Jahres warnt vor solchen Formen des Gehirndopings und einer Zukunft, in der sich die Welt in „normale und kognitiv verbesserte“ Menschen teile.

Noch müssen die Nebenwirkungen der Stromstimulation in Langzeitversuchen getestet werden. Der Neurologe Vince Clark von der Universität Neu-Mexiko (Albuquerque) ist jedoch überzeugt: „Die Gleichstromstimulation wird bald manche Pille ersetzen.“ Da sie gezielt ins Gehirn eingreife, sei sie sicherer als Medikamente, die den ganzen Körper überschwemmen.

Neue Forschungsvorhaben, die Anfang dieses Jahres bekannt gegeben wurden, werden den Einblick in das Gehirn in den nächsten Jahren noch entscheidend verbessern. Das europäische Human Brain Project und ein amerikanisches Projekt, in dem Forscher eine Karte der gesamten Hirnaktivität des Menschen erstellen wollen, sollen mit einer Milliarde Euro beziehungsweise drei Milliarden Dollar finanziert werden. Oberstes Ziel der Forscher: die Enträtselung des menschlichen Bewusstseins.