Donnerstag, 30. Oktober 2014

Menschliches Denken funktioniert teils unbewusst

Optische Tests liefern neue Blickwinkel auf Entscheidungsprozesse

Nudel-Gehirn: Alles Bewusste läuft unbewusst ab
(Foto: pixelio.de/M. Berger)

Sydney (pte004/30.10.2014/06:15) - Unbewusstes Denken beeinflusst das bewusste Denken - und zwar ohne, dass die denkende Person etwas davon mitbekommt. Das zeigt eine neue Analyse der University of New South Wales. Dabei versuchten die Forscher der Frage auf den Grund zu gehen, ob es Teile im Gehirn gibt, die Informationen vor dem Bewusstsein zurückhalten, die mit dem bewussten Denkprozess quasi durch eine Hintertür verbunden sind.

Experimente mit Punkten

Zu diesem Zweck wurden Studienteilnehmern Masken aufgesetzt, bei denen jedem Auge ein seperates Bild dargeboten wurde. Den Freiwilligen wurden Bilder von sich bewegenden Punkten gezeigt. Die Forscher befragten sie danach, in welche Richtung sich die Punkte bewegten. Der Haken: Die Bewegungen der Punkte am Beginn waren fast nicht wahrnehmbar und wurden erst mit der Zeit sichtbar.

Je früher die Probanden aber die Bewegungsrichtung der Punkte identifizieren konnten, umso akkurater fielen die Ergebnisse aus. Während eines anderen Experiments bewegten sich farbige Punkte ziellos vor einem Auge, während graue Punkte sich vor dem anderen Auge entweder nach rechts oder links bewegten. Die bunten Punkte überwältigen das Gehirn dabei dermaßen, dass die Bilder der grauen Punkte dadurch vollständig überdeckt werden.

Wichtige Grundlagenforschung

Ältere Studien haben bereits gezeigt, dass das Gehirn zwar sieht, was mit den grauen Punkten passiert, aber das nur unbewusst. Die aktuelle Erhebung wollte ergründen, ob Vorinformationen über die grauen Punkte die Richtigkeit der Antworten erhöht. Dies bestätigte sich nun. Die Freiwilligen konnten genauer die Bewegungsrichtung der grauen Punkte angeben, wenn sie die Punkte schon vorher zu Gesicht bekamen.

Die australischen Experten sehen die neuen Ergebnisse als ein Beispiel dafür, dass unbewusste Informationen den bewussten Entscheidungsprozess beeinflussen. Sie schlagen vor, dass - falls ähnliche Prozesse im Alltagsleben stattfinden - diese Erkenntnisse große Konsequenzen haben. So ließen sich Überlegungen dazu anstellen, wie das menschliche Denken grundsätzlich funktioniert.


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Dienstag, 28. Oktober 2014

Kleine Fehler beim Lernen sind gut fürs Gedächtnis

Wer beim Raten knapp daneben liegt, baut sich langfristig Stützen auf

Lernender Senior: Fehler können helfen
(Foto: Rainer Sturm, pixelio.de)

Toronto (pte001/28.10.2014/06:00) - Kleine Fehler beim Lernen können letztlich helfen, sich etwas zu merken - allerdings nur, wenn der falsche Tipp von der Idee her zur richtigen Lösung passt. Das hat eine aktuelle Studie von Baycrest Health Sciences ergeben. Dieses Lernen mit Versuch und Irrtum funktioniert nicht nur bei jungen Menschen gut, sondern ebenso bei Senioren. Letzteres widerspricht gängigen Lehrmeinungen und könnte daher Auswirkungen darauf haben, wie ältere Menschen ihr Gedächtnis trainieren.

Die Forscher haben 65 jungen Erwachsenen (Altersschnitt 22) und 64 Senioren (Altersschnitt 72) beim Lernen mittels Versuch und Irrtum studiert. "Zufälliges Raten scheint der späteren Erinnerung an die richtige Antwort nicht zu helfen, aber knapp daneben liegende Rateversuche fungieren als Sprungbrett für das Abrufen der richtigen Information", fasst Andrée-Ann Cyr, Doktorandin bei Baycrest und an der University of Toronto. Das gilt der Untersuchung zufolge für Erwachsene jeden Alters - aber mit der Einschränkung, das ein Tipp von der Bedeutung her und nicht nur lexikalisch-abstrakt zur richtigen Antwort passen muss.

Rosige Verbindungen

Für den Test wurden die Probanden gebeten Begriffe wie "Rose" zu lernen, für die sie zunächst einen groben Oberbegriff ("Blume") oder aber den Wortstamm ("Ro-") kannten. In der Hälfte der Fälle haben die Testpersonen das gesuchte Wort direkt erfahren, sonst mussten sie es erraten. Bei einem späteren Gedächtnistest hat sich gezeigt, dass sich die Teilnehmer immer dann am besten an Begriffe erinnern, wenn sie diese über verwandte Begriffe erraten haben, wie beispielsweise den Blumen-Tipp "Tulpe". Das Raten über den Wortstamm und völlig unpassende Begriffe ("rope", engl. Für Seil) dagegen hat die Gedächtnisleistung sogar verschlechtert.

Cyr und ihre Kollegen vermuten, dass das daran liegt, wie das Gehirn Informationen sortiert, nämlich nach konzeptioneller Verwandtschaft und nicht nach lexikalischer Nähe. Falsche Tipps dürften daher nur dann zur Stütze werden, wenn sie von der Idee her mit der richtigen Antwort etwas gemein haben - wie die Früchte "Birne" und "Apfel" oder eben die Blumen "Tulpe" mit der "Rose". Durch das Lernen mittels Versuch und Irrtum wiederum denkt man intensiver über die Information nach und stellt daher Verbindungen her, die dem Gedächtnis helfen. Das Raten über den lexikalischen Wortstamm dagegen schadet eher, weil es keine wirklich sinnvolle Verbindung gibt.

Raten hilft in jedem Alter

Den Baycrest-Forschern zufolge ist besonders beachtenswert, dass sich das Raten anhand der Begriffsgruppe für beide Altersgruppen bewährt hat. Demnach scheint das Altern sich nicht darauf auszuwirken, wie wir durch Versuch und Irrtum lernen. Deshalb könnten die Ergebnisse profunde Auswirkungen haben. "Sie stellen traditionelle Ansichten über die besten Methoden der Gedächtnis-Rehabilitation bei gesunden Senioren auf den Kopf", betont Baycrest-Forscherin Nicole Anderson, Professorin für Psychologie und Psychiatrie an der University of Toronto. Vorherrschende Lehrmeinung ist nämlich, dass ältere Menschen das Lernen durch Versuch und Irrtum eher vermeiden sollten.


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Mittwoch, 8. Oktober 2014

Gehirn spielt Wahrnehmung einen Streich

Kleine visuelle Veränderungen werden absichtlich ignoriert

Einstein vor Gehirn: Denkorgan blendet Dinge aus
(Foto: pixelio.de/A. Bermüller)

Berkeley (pte004/08.10.2014/06:15) - Ein neurologischer Trick lässt Menschen die Welt stabiler erscheinen als sie tatsächlich ist. Eine Studie der University of California zeigt, dass diese oft nützliche Fähigkeit oft auch in einen Irrweg führt. So können beispielsweise zwei verschiedene Gesichter oder Formen als gleich angesehen werden.

Stabilität in instabilem Umfeld

"Das Gehirn kreiert Stabilität innerhalb eines instabilen Systems", sagt David Whitney, Studienautor und Professor der Psychologie an der University of California. "Wenn man zum Beispiel Harry Potter ansieht, erkennt man nicht, dass sich sein einfarbiges T-Shirt in der nächsten Sequenz zu einem Poloshirt verwandelt. Das visuelle System ist programmiert, die Dinge als stabil anzusehen. Es gibt eine Tendenz, kleine Änderungen in seiner Umwelt zu ignorieren."

Auf der Suche nach dem exakten Zielgesicht, das den Studienteilnehmern kurz gezeigt wurde, identifizierten die Kandidaten durchwegs Gesichter, die nicht das Zielgesicht darstellten, sondern eine Komposition von Gesichtern, die sie in den vorangegangenen Sekunden gesehen hatten. Die Teilnehmer beurteilten diese Gesichter zum Zielgesicht als viel ähnlicher als sie tatsächlich waren. Die Ergebnisse helfen zu erklären, wie der Prozess der visuellen Information funktioniert.

Fokussierung auf das Wichtige

Vorangegangene Untersuchungen haben gezeigt, dass in der visuellen Wahrnehmung ein sogenanntes Kontinuum-Umfeld existiert, in dem Menschen in ihrer Wahrnehmung innerhalb von 15 Sekunden ähnliche Objekte zu einem verschmelzen. "Es ist nicht nur die Garderobe von Harry Potter, die wir ignorieren, sondern auch sein Stunt-Double", so Alina Liberman, die die Experimente durchgeführt hat.


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